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Begegnung zweier Genies
- von Marianne Levron aus 33700 Mérignac (Frankreich), 17.03.2010 -
Ein sorgfältig recherchiertes, sehr gelehrtes Buch, das es fertigbringt, trotzdem unterhaltend und angenehm lesbar zu sein - keine geringe Leistung ! Voraussetzung ist natürlich, dass man sich für die beiden Hauptpersonen, Goethe und Napoleon, interessiert....
Das Buch umfasst die Zeitspanne zwischen der Schlacht von Jena 1806 und Goethes Tod 1832. Die Begegnung der beiden grossen Männer fand 1808 in Erfurt statt. Man muss sich die Situation vorstellen : Napoleon hat sich halb Europa in die Tasche gesteckt; das kunterbunte Mosaïk deutscher Herzog-und Fürstentümer ist zerschlagen, ein Teil davon im Rheinbund zwangsverbündet, darunter auch Weimar, dessen Kulturminister Goethe ist.Trotz aller Widrigkeiten - herumstreunende Heere, Zwangseinquartierungen - ist Goethe nicht unbedingt unglücklich über diese Situation. Es ist ihm klar, dass die deutsche Kultur einen festen, geordneten Rahmen braucht, um sich durchsetzen zu können. Diesen kann Napoleon, der Vertreter des Fortschritts, gewährleisten, besser als Preussen, der grosse und etwas ungemütliche Nachbar Weimars. Natürlich weiss Goethe, dass Napoleon diktatorische Züge hat. Er bewundert vor allem die geniale Persönlichkeit, weniger den Politiker.Napoleon seinerseits ist nicht nur ein machtbesessener, gefühlloser Kriegsherr; er ist auch ein kultivierter Mann, der in seiner hektischen Existenz sogar noch Zeit zum Lesen findet- den "Werther" soll er mehrmals gelesen und darob sogar Tränen vergossen haben. Er schätzt Goethe als ein ihm ebenbürtiges Genie; er braucht die Vermittlung derartiger Persönlichkeiten, um in Deutschland über seine strategischen Siege hinaus akzeptiert zu werden.
In dem Buch wird dargelegt, welch grossen Stellenwert Deutschland im napoleonischen System hatte. Deutschland, das zu jener Zeit nur ein geographischer Begriff, aber keine nationale Einheit ist, stellt eine zentrale Basis innerhalb Europas dar. Die Historiker diskutieren noch heute über die eigentlichen Ursachen von Napoleons Untergang, den "Anfang vom Ende" nach einer Äusserung Talleyrands.Begann der Abstieg mit dem Krieg in Spanien oder erst mit dem katastrophalen Russlandfeldzug ?
Ein wesentlicher Grund für Napoleons Scheitern ist sein Unvermögen, die deutschen Fürstentümer und damit die zentrale Machtbasis Europas zu einigen und endgültig unter seine Kontrolle zu bringen - trotz Goethe, Rheinbund, dem Königreich Westfalen usw. Für den Polen-und Russlandfeldzug und den Krieg gegen England aber wäre dies notwendig gewesen...
Dieses Buch bietet also auch einen Einblick in eine bewegte Epoche und in die Lebensart jener Zeit.Wer sich für all das interessiert, kommt mit "Goethe und Napoleon" voll auf seine Rechnung.