Produktbeschreibung
Diese auch verfilmte Novelle gehört zu den bekanntesten und meistgelesenen der deutschen Romantik. Sie ist der mit Liedern durchsetzte Bericht von der Ausfahrt und Heimkehr eines wandernden Spielmannes, der auszieht, um die Natur kennenzulernen. Diese Dichtung ist voll Sommersehnsucht, Schelmerei und verliebter Laune. Ein Nachwort und Anmerkungen vervollständigen das Heft.
Leseprobe
Das Rad an meines Vaters Mühle brauste und rauschte schon
wieder recht lustig, der Schnee tröpfelte emsig vom Dache,
die Sperlinge zwitscherten und tummelten sich dazwischen; ich
saß auf der Türschwelle und wischte mir den Schlaf
aus den Augen; mir war so recht wohl in dem warmen Sonnenscheine.
Da trat der Vater aus dem Hause; er hatte schon seit Tagesanbruch
in der Mühle rumort und die Schlafmütze schief auf dem
Kopfe, der sagte zu mir: "Du Taugenichts! da sonnst du dich
schon wieder und dehnst und reckst dir die Knochen müde und
läßt mich alle Arbeit allein tun. Ich kann dich hier
nicht länger füttern. Der Frühling ist vor der
Tür, geh auch einmal hinaus in die Welt und erwirb dir selber
dein Brot." - "Nun", sagte ich, "wenn ich
ein Taugenichts bin, so ist's gut, so will ich in die Welt gehen
und mein Glück machen." Und eigentlich war mir das recht
lieb, denn es war mir kurz vorher selber eingefallen, auf Reisen
zu gehn, da ich die Goldammer, welche im Herbste und Winter immer
betrübt an unserem Fenster sang: "Bauer, miet mich,
Bauer, miet mich!" nun in der schönen Frühlingszeit
wieder ganz stolz und lustig vom Baume rufen hörte: "Bauer,
behalt deinen Dienst!" - Ich ging also in das Haus hinein
und holte meine Geige, die ich recht artig spielte, von der Wand,
mein Vater gab mir noch einige Groschen Geld mit auf den Weg,
und so schlenderte ich durch das lange Dorf hinaus. Ich hatte
recht meine heimliche Freude, als ich da alle meine alten Bekannten
und Kameraden rechts und links wie gestern und vorgestern und
immerdar zur Arbeit hinausziehen, graben und pflügen sah,
während ich so in die freie Welt hinausstrich. Ich rief den
armen Leuten nach allen Seiten recht stolz und zufrieden Adjes
zu, aber es kümmerte sich eben keiner sehr darum. Mir war
es wie ein ewiger Sonntag im Gemüte. Und als ich endlich
ins freie Feld hinauskam, da nahm ich meine liebe Geige vor und
spielte und sang, auf der Landstraße fortgehend:
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Wald und Strom und Feld.
Die Trägen, die zu Hause liegen,
Erquicket nicht das Morgenrot,
Sie wissen nur vom Kinderwiegen,
Von Sorgen, Last und Not um Brot.
Autoreninfo
Josef Freiherr von Eichendorff, geboren 1788, lernte während seines Jura-Studiums in Halle, Heidelberg, Berlin und Wien die führenden Vertreter der Romantik kennen. Nach dem Examen geht Eichendorff in den Verwaltungsdienst und sucht seiner Langeweile durch Flucht in die Poesie zu entkommen. Mit der Novelle 'Aus dem Leben eines Taugenichts' und durch seine Lyrik wurde Eichendorff einer der bekanntesten deutsche Romantiker.