Produktbeschreibung
Der Franziskanermönch William von Baskerville, ein ins Mittelalter versetzter
Sherlock Holmes und zugleich das Alter Ego des Autors, kommt im Jahr 1327
gemeinsam mit dem Novizen Adson von Melk, dem späteren Erzähler, in ein
fiktives Benediktinerkloster Norditaliens. Hier hat soeben der gewaltsame
Tod eines Bruders den Abt in Unruhe versetzt, weil seiner Abtei brisanter
Besuch ins Haus steht. Delegationen des Franziskanerordens und des Avignon-Papstes
sollen über Glaubensfragen verhandeln, die sich um die Armut Christi drehen.
Unter ihnen ist Williams Erzfeind, der Inquisitor Bernard Gui. Wie ein
Detektiv macht sich William an die Aufklärung des Todesfalls, dem weitere
Morde folgen. Im Mittelpunkt der verwickelten Ereignisse steht die Suche
nach der einzigen Abschrift des in Wirklichkeit nicht erhaltenen zweiten
Buches der Poetik von R Aristoteles, das die Komödie und damit das subversive
Lachen gerechtfertigt hätte. Räumliches Zentrum ist die Bibliothek oberhalb
des Skriptoriums, deren dem Buch auch als Zeichnung beigegebener labyrinthischer
Bauplan der universalen Bibliothek bei Jorge Luis R Borges entspricht.
Nur wer das Geheimnis dieser Bibliothek und des blinden Mönchs Jorge von
Burgos ergründet, entschlüsselt auch die Kette von Verbrechen.
Zusammenfassung
Daß er in den Mauern der prächtigen Benediktinerabtei
an den Hängen des Apennin das Echo eines verschollenen Lachens
hören würde, das hell und klassisch herüberklingt
aus der Antike, damit hat der englische Franziskanermönch
William von Baskerville nicht gerechnet. Zusammen mit Adson von
Melk, seinem etwas tumben, jugendlichen Adlatus, ist er in einer
höchst delikaten politischen Mission unterwegs. Doch in
den sieben Tagen ihres Aufenthaltes werden die beiden mit kriminellen
Ereignissen und drastischen Versuchungen konfrontiert: Ein Mönch
ist im Schweineblutbottich ertrunken, ein anderer aus dem Fenster
gesprungen, ein dritter wird tot im Badehaus gefunden. Aber nicht
umsonst stand William lange Jahre im Dienste der Heiligen Inquisition.
Das Untersuchungsfieber packt ihn. Er sammelt Indizien, entziffert
magische Zeichen, entschlüsselt Manuskripte und dringt immer
tiefer in ein geheimnisvolles Labyrinth vor, über dem der
blinde Seher Jorge von Burgos wacht. Mehr sei hier nicht verraten.
Außer vielleicht, was Toni Meissner in den "Annales
vespertinae Monacenses" bekundet: »Wie vorzüglich
der Roman aufgebaut ist, wie fein seine Handlung gesponnen ist,
alle seine Qualitäten offenbaren sich erst im Finale furioso,
der Ekpyrosis (siehe dort) in der Nacht nach dem siebten
Tag. Dann wird auch klar, wer der Teufel ist: "Der Teufel
ist die Anmaßung des Geistes, der Glaube ohne ein Lächeln,
die Wahrheit, die niemals vom Zweifel erfaßt wird."
Sage einer, das 14-Jahrhundert sei nicht hochaktuell!«
Leseprobe
Erster Tag
SEXTA
Worin Adson das Kirchenpokal bewundert und William seinem
alten Freund Ubertin von Casale wiederbegegnet.
Die Kirche war nicht majestätisch wie andere, die ich später
in Straßburg, in Chartres, in Bamberg oder auch in Paris
sehen sollte. Sie glich eher denen, die ich bereits an verschiedenen
Orten in Italien gesehen, Kirchen von gedrungener Bauart, die
nicht unbedingt hoch hinaus wollten, nicht schwindelerregend gen
Himmel stürmten, sondern fest auf der Erde standen, oft breiter
als hoch; nur daß diese auf einer ersten Höhe überragt
wurde, gleich einem Felsen, von einer Reihe quadratischer Zinnen,
hinter welchen sich auf dieser ersten Höhe ein zweiter Bau
erhob, weniger ein Turm als eine solide zweite Kirche, gekrönt
von einem steilen Dach und die Mauern durchbrochen von schmalen,
schmucklosen Fenstern. Eine robuste Abteikirche also, wie unsere
Vorfahren sie zu bauen pflegten in der Provence und im Languedoc,
fern den Kühnheiten und übertriebenen Schnörkeln
des modernen Stils, und erst in neuerer Zeit, wie mir schien,
hatte man sie über dem Chor mit einem kühn zum Himmelsgewölbe
emporweisenden Dachreiter verziert.
Der Eingang, frankiert von zwei schlanken und nüchternen
Säulen, erschien von weitem wie ein einziger großer
Bogen; beim Näherkommen sah ich jedoch, daß hinter
den Säulen zwei mächtige Gewände begannen, die,
überwölbt von weiteren und vielfältigen Bögen,
eine tiefe Vorhalle bildeten und den Blick wie ins Innere einer
Höhle zum eigentlichen Portal leiteten, das im Halbdunkel
erkennbar wurde. Beherrscht von einem mächtigen Tympanon,
einem halbkreisförmigen Giebelfeld voller Figuren, das rechts
und links auf zwei Torpfosten ruhte und in der Mitte auf
einem behauenen Pfeiler, der den Eingang in zwei Öffnungen
teilte, war es bewehrt mit Türflügeln aus metallbeschlagenem
Eichenholz.
Autoreninfo
Umberto Eco, 1932 in Alessandria (Piemont) geboren, lebte bis zu seinem Tod am 19. Februar 2016 in Mailand und lehrte Semiotik an der Universität Bologna. Er verfasste zahlreiche Schriften zur Theorie und Praxis der Zeichen, der Literatur, der Kunst und nicht zuletzt der Ästhetik des Mittelalters. Der Roman 'Der Name der Rose' (dt.1982) machte Eco weltberühmt, viele weitere Romane folgten und wurden Bestseller. Er war einer der bedeutendsten Schriftsteller und Wissenschaftler unserer Zeit. Für sein Werk wurde er mit nicht weniger als neunundvierzig Ehrendoktorwürden aus aller Welt geehrt.
Burkhart Kroeber studierte in Tübingen, Heidelberg und Paris die Fächer Ägyptologie, Romanistik und Politikwissenschaft. Er wurde 1968 in Tübingen promoviert.
Seine Übersetzungen der Werke von Umberto Eco aus dem Italienischen (seit Der Name der Rose) sind im deutschsprachigen Raum weit verbreitet. Er übersetzt ebenfalls Texte von Italo Calvino (seit Wenn ein Reisender in einer Winternacht) und anderen Autoren, auch literarische Texte aus dem Amerikanischen.