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Der russische Stern leuchtet über Gerechten und Ungerechten
- von Brilli aus Hagen, 28.08.2011 -
so wie auch über Pawel Aleksandrowitsch Dobrynin, der in der Kolchosversammlung seines Heimatortes zum wahrhaftigen Volkskontrolleur des russischen Reiches gewählt wurde. In hohem Grade unbeliebt bei seinen Mitbürgern, die ihre Abneigung sogar auf seinen alten Hund Mitja übertrugen, so war er auch überdurchschnittlich ehrenhaft und unbestechlich. Daher kam diese Auszeichnung nicht von ungefähr und war so ehrenvoll, dass er Weib und Kind zurückließ - wenn auch nicht ohne Kummer - und dem Ruf in den Norden des Landes folgte, wo es seiner dringend bedurfte um Recht und Ordnung wieder herzustellen. Auf vornehmste Art und Weise per schwarzem Automobil oder Schienenverkehr wurde er zuerst nach Moskau geleitet und dann weiter, seiner eigentlichen Bestimmung zu. Mit kindlicher Verwunderung, Erstaunen und nicht ohne Genuß schwelgte er in den Privilegien der "upper-class" Leute, seien es köstliche Kekse zum Kaffee, ein Büro mit Inventar, eine ansprechende "Ersatz" - Ehefrau für sein politisches Leben oder ein eigenes Pferd, von dem er stolzgeschwellt Gebrauch machte.
So wie Pawel Land und Leute seines geliebten und gestrengen Heimatlandes kennenlernte, so wird auch der Leser im Weiteren mit skurilen Typen bekanntgemacht, die der kritischen aber auch liebevollen Feder des Autors entsprungen sind.
So setzte ein Engel seinen Fuß auf russischen Boden um irgendwo einen Menschen aufzuspüren, der es verdient hatte, einstmals in den Himmel einzugehen - als der erste Gerechte, der auserwählt sein würde. Mit einem bunt zusammengewürfelten Trüppchen macht er sich auf die Suche, allen voran ein Mann, der auf dem Weg in das gelobte Land ist.
Diese Sorge hat der Künstler Mark nicht. Ihn bedrückt ein Edikt der "Oberen", dass sein höchst sprechbegabter Papagei Kusma statt der fröhlichen Verse, die er bisher vortragen durfte, nur noch politisch geprägte Texte zum Besten geben darf und damit seinen Zuschauern keinen Anlaß mehr bietet, bei seinem Anblick fröhlich zu sein.
Auch Schuldirektor Banow fühlt sich nicht recht wohl unter den täglich neuen Verordnungen, denen er sich unterworfen sieht. Und doch - oder vielleicht auch deshalb - versucht er Klara Rojd, der Tante eines seiner Schüler, das verlernte Träumen wieder beizubringen. Und er zieht alle Register, auf dem Dach des Schulhauses, mit einer guten Tasse russischen Tees in den Händen und dem Blick auf den Kreml, in dessen Untergrund angeblich Lenin noch teilnahm am Geschick seines Landes. Vorsichtig und zart zeigt sich sein aufkeimendes Gefühl für die ansprechende Person - so wie alles im Sozialismus nur zaghaft keimen durfte, wenn es nicht von Beginn an den komunistischen Segen hatte.
Andrej Kurkow ist ein ganz spezieller Autor, der es dem Leser nicht ganz einfach macht. Man muß sich Zeit nehmen ein bißchen hinter die Worte zu schauen und Zusammenhänge zur Hilfe zu nehmen, deren Aufklärung man oft noch aus weiteren Bereichen herleiten muß.
Ich habe den Zugang zu dieser Lektüre nicht recht gefunden, es war deshalb teilweise unbefriedigend für mich. Ich hatte ein schlechtes "Lesegewissen", weil ich mich dem Roman nicht ganz zu öffnen vermochte, leider.
Ich hoffe, daß andere Leser besser damit zurecht kommen.
Der wahrhaftige Volkskontrolleur
- von Rezensentin/Rezensent aus Hildesheim, 22.08.2011 -
Andrej Kurkow nimmt den Leser mit auf eine witzige, aber auch melancholische Reise durch die Sowjetunion auf der Suche nach Gerechtigkeit und den eigenen Träumen.
Der Protagonist Pawel wird zum Volkskontrolleur gewählt. Durch seine einfache, naive und ein wenig einfältige Art bezaubert er den Leser. Auch wenn er seine Frau und seine Kinder vermisst, die natürlich im Dorf geblieben sind, beeindrucken ihn die Menschen und Dinge, denen er auf seinem Weg begegnet. Dieses Gefühl wird sehr gut auf den Leser übertragen.
Das Buch besticht durch eine Leichtigkeit, die durchzogen ist von gut eingesetztem Humor aber auch ernsten Passagen.
An sich lässt es sich flüssig und verständlich lesen, an manchen Stellen holpert es allerdings ein wenig, da ich mich mit den verschiedenen Namen etwas schwer getan habe, die irgendwie alle ähnlich klingen. Auf das gesamte Buch betrachtet, ist das aber nicht weiter störend.
Teilweise ist das Buch (gerade die erste Hälfte) etwas langatmig.
Der Klappentext lässt darauf schließen, dass Pawel mit den anderen Charakteren in Berührung kommt, was leider nicht so ist. Es gibt verschiedene Personen, deren Erlebnisse man begleitet und deren Erfahrungen und Empfindungen einen nachdenklich machen. Das Buch ist keine abgeschlossenen Geschichte. Man darf an dem Leben der Protagonisten für eine bestimmte Zeit teilhaben.
Dadurch hat dieses Buch auch kein wirkliches Ende. Stattdessen regt es zum Nachdenken an. Ein gutes Buch, welches sich ab der Hälfte wirklich gut lesen lässt. Man sollte den Klappentext nur nicht zu genau nehmen.