Produktbeschreibung
So vielfältig die Themen dieser dreizehn Erzählungen sind, so bilden sie
doch eine selbstverständliche Einheit. Ob Siegfried Lenz den einsamen Kampf
eines vom Glück ver- lassenen Jägers gegen ein Rudel wütender Moschusochsen
schildert oder das zwiespältige Verhalten eines emporge- kommenen Geschäftsmanns
beschreibt, der seine Kinder abgöttisch liebt, sich aber seines einfachen
Vaters schämt, ob der Autor den Schauplatz seiner Geschichten in die afrikanische
Steppe, ins Wattenmeer, in die Büroräume einer Fabrik, auf den Sportplatz
oder in das Atelier eines Werbephotographen verlegt, stets gelingt es ihm,
das Gleichnishafte der Situation deutlich zu machen.
Zusammenfassung
So vielfältig die Themen dieser dreizehn Erzählungen sind,
so bilden sie doch eine selbstverständliche Einheit. Ob
Siegfried Lenz den einsamen Kampf eines vom Glück verlassenen Jägers gegen ein Rudel wütender Moschusochsen
schildert oder das zwiespältige Verhalten eines emporgekommenen Geschäftsmanns beschreibt, der seine Kinder
abgöttisch liebt, sich aber seines einfachen Vaters schämt,
ob der Autor den Schauplatz seiner Geschichten in die
afrikanische Steppe, ins Wattenmeer, in die Büroräume
einer Fabrik, auf den Sportplatz oder in das Atelier eines
Werbephotographen verlegt, stets gelingt es ihm, das
Gleichnishafte der Situation deutlich zu machen. Lenz ist
»ein scharfer Beobachter unserer Zeit«, er urteilt nicht,
sondern registriert. In seiner knappen, herben Sprache fordert er den Leser heraus, sich selbst in Beziehung zu den
dargestellten Ereignissen zu bringen.
Leseprobe
Lukas, sanftmütiger Knecht
Im Süden brannte das Gras. Es brannte schnell und fast
rauchlos, es brannte gegen die Berge hin, gegen die Kenia-Berge; das Feuer war unterwegs im Elefantengras, es hatte
seinen eigenen Wind, und der Wind schmeckte nach Rauch
und Asche. Einmal im Jahr warfen sie Feuer in das Gras, das
Feuer lief seinen alten Weg gegen die Berge hin, gegen die
Kenia-Berge, und vor den Bergen legte es sich hin, und mit
dem Feuer legte sich der Wind hin, und dann kamen die Antilopen zurück und die Schakale, aber das Gras war fort. Einmal im Jahr brannte das Gras, und wenn es verbrannt war,
wurde gepflügt, es wurde gegraben und gepflügt, die neue
Asche kam zu der alten Asche, und in das Land aus Asche und
Stein warfen sie ihren Mais, und der Mais wurde groß und
hatte gute Kolben.
Ich bog dem Feuer aus und fuhr in weitem Bogen zum
Fluß hinunter, zum Bambuswald, ich fuhr langsam zwischen
Dornen und Elefantengras um das Feuer herum, und ich
spürte den heißen, böigen Wind auf der Haut und schmeckte
den Rauch. Ich wollte am Fluß entlangfahren, am Bambuswald, ich konnte das Feuer überholen, ich konnte, wenn ich
es überholt hatte, auf die Grasfläche zurückfahren, es war
kein großer Umweg: ich hatte nur noch fünfzehn Meilen zu
fahren, ich würde noch vor der Dunkelheit zu Hause sein, ich
mußte vorher zu Hause sein.
Aber dann traf ich sie, oder sie trafen mich; ich weiß nicht,
ob sie auf mich gewartet hatten; sie lagen am Rande des Flusses, am Rande des Bambuswaldes, mehr als zwanzig Männer,
sie flossen aus dem Bambus hervor, lautlos und ernst, zwanzig
hagere Männer, und sie trugen kleine Narben auf der Stirn
und am Körper, rötliche Stigmen des Hasses, und in den Händen trugen sie ihre Panga-Messer, kurze, schwere Hackmesser, mit denen sie unsere Frauen töten und die Kinder,
ihre eigenen Leute und das Vieh. Sie umringten das Auto, sie
sahen mich an, sie warteten. Einige standen im Elefantengras,
einige vor den Dornen, sie kamen nicht näher heran, obwohl
sie sahen, daß ich allein war, sie hielten das Panga-Messer
dicht am Oberschenkel und schwiegen,...