Produktbeschreibung
Die Titelerzählung und "Der Pfahlmann" führen in den Wilden Westen. Es folgt die Geschichte des "Kaperkapitäns" Robert Surcouf. Erlebnisse in der afrikanischen Wüste ("Von Mursuk bis Kairwan") beschließen den Band, der folgende Erzählungen enthält: 1.) Halbblut (Der schwarze Mustang); 2.) Der Kaperkapitän; 3.) Der Pfahlmann; 4.) Von Mursuk bis Kairwan. Der Titel ist als ebook erhältlich!
Leseprobe
Ein schwerer Sturm peitschte den dichtströmenden Regen gegen
die sich vor ihm beugenden Tannenwipfel des Hochwaldes; fingerstarke
Wasserfäden flossen an den Riesenstämmen nieder und
vereinigten sich an den Wurzeln zu erst kleinen, nach und nach
aber immer größer werdenden Bächen, die in zahllosen
Wasserfällen von Fels zu Fels in die Tiefe stürzten,
um unten im engen Tal von dem hochaufgeschwollenen Fluß
aufgenommen zu werden. Es war Nacht geworden; von Minute zu Minute
rollte ein zürnender Donner über die Tiefe hin, doch,
so hell und grell der Blitz jedesmal dabei leuchtete, fiel der
Regen so dicht herab, daß man kaum fünf Schritte weit
zu sehen vermochte.
Der rasende Sturm traf oben den Hochwald und die Felsenklippen;
seine Macht jedoch reichte nicht bis in die Tiefe, wo die Riesentannen
im nächtlichen Dunkel unbeweglich standen; aber es war auch
da nicht still, denn die Wasser des Flusses rauschten und brausten
so erregt zwischen den Ufern dahin, daß nur ein ungemein
scharfes Ohr hören konnte, daß zwei einsame Reiter
flußabwärts geritten kamen; zu sehen waren sie nicht.
Wäre es Tag gewesen, so hätten sie gewiß den verwunderten
Blick eines jeden Begegnenden auf sich gezogen, und zwar nicht
etwa infolge ihrer Kleidung und Ausrüstung, sondern weil
beide von einer wahrhaft angsterregenden Länge waren. Der
eine war semmelblond und hatte einen bei seiner Höhe geradezu
lächerlich kleinen Kopf. Mitten unter zwei gutmütigen
Mäuseäuglein saß ein winziges, aufwärts gerichtetes
Stumpfnäschen, das viel besser in das Gesicht eines vierjährigen
Kindes gepaßt hätte und in gar keinem Verhältnis
zu dem ungeheuer breiten Mund stand, der sich fast vom einen Ohr
bis zum andern zog.
Autoreninfo
Karl May (1842-1912) war das fünfte von 14 Kindern einer armen Weberfamilie aus Ernstthal/Sachsen. Vom Studium am Lehrerseminar wurde er zunächst ausgeschlossen, nachdem er Kerzenreste unterschlagen hatte. Später konnte er die Ausbildung fortsetzen, arbeitete nur 14 Tage in seinem Beruf, bevor er wieder des Diebstahls bezichtigt und von der Liste der Kandidaten gestrichen wurde. Wegen Diebstahls, Betrugs und Hochstapelei wurde er in den Jahren darauf immer wieder verhaftet und monatelang festgesetzt. Die Jahre zwischen 1870 und 1874 verbrachte er im Zuchthaus Waldheim. Erst viele Jahre nach dem Erscheinen des akribisch recherchierten Orientzyklus reiste Karl May tatsächlich in den Orient. Karl May war lange Zeit einer der meistgelesenen deutschen Schriftsteller. Er starb1912 in Radebeul.